regina Ein Interview mit Regina Möller, Deutschland by Elke Zobl (1999) | ||
BIOGRAFISCHES | ||
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In
N.Y. habe ich vieles gelernt - auch, daß sämtliche Rubriken, Definitionen
und Regeln, an denen ich schon immer - als Frau - meine Zweifel hatte - dort 'anders'
behandelt, aufgegriffen und vor allem diskutiert wurden. Alltag, Media, Kunst
- ihre Zirkulation und der Platz der 'eigenen' Stimme waren für mich die
Selektionspunkte in N.Y., von denen aus ich gelernt habe, mich zu artikulieren.
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INHALTLICHES
UND MOTIVATION
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Regina
Möller: Die Zeitschrift entwickelte sich ganz 'natürlich' aus meinen
Erfahrungen, Interessen, Ideen und 'Arbeit'. Ideen entspringen nicht einfach so,
sie kommen aus DER Arbeit. 'regina' ist die logische Fortsetzung der Arbeit 'Film',
die ich 1993 auf der 'Aperto'-Venedig Bienale zeigte. Schon mit 'Film' setzte
ich Signale, daß es mir nicht um ein verkaufbares, zur Schau stellendes
Objekt bzw. ‚Objekt-Kunst' geht, sondern um einen Diskurs, und diesen als 'Ort'
zu situieren. | regina, No.2, März 1997 Das Große Frühjahrsheft veröffentlicht über den Kunstverein München (Direktor: Dirk Snauwaert) Cover: Photo: Susie Knoll Stylistin: Diana Miller, Photo Team Agentur, München c-right: Regina Möller | |
Wie ist es zu dem Titel gekommen? Wofür steht der Titel?
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regina, No.3, Mai 1998 veröffentlicht von artranspennine (Gast-Kuratorin: Iwona Blazwick) Cover: Photo: Nigel Steer Stylist: Michael Anthony c-right: Regina Möller | Regina
Möller: Die Zeitschrift heißt 'regina', ,ist 'regina' und nicht
Regina Möller. 'regina' adaptiert das Format von bekannten 'mainstream' Mode-Frauenzeitschriften,
wie 'Brigitte' oder 'Petra'. Es ist aber 'regina'. Sie läßt sich weder
als Mode-Frauen- Zeitschrift, noch als Kunstkatalog kategorisieren. Sie paßt
weder in die Schublade eines Zines, eines Comics, einer Frauen-Modezeitschrift
oder eines Kunstkatalogs. Sie taucht zwar z. Teil in Zeitschriftenständern
auf, ist aber dennoch nicht definierbar. 'regina' - hat auch eine 'reale' Person als Konstante hinter sich. Regina Möller, die hinter jeder Produktion steht. Dennoch 'regina' ist nicht die persönliche Regina Möller. Ich komme darauf später noch zurück. 'regina' ist eine Nahtstelle zwischen Kunst, Comic und Mode - eine Interaktion von Kunst und Alltag. Es gibt dafür kein herkömmliches Spektrum von 'Eingliederung'. Aber sie arbeitet mit den Vehikeln, d.h. den 'Erscheinungsbildern' die als 'Wertmaßstab' und Bewertung gesetzt werden, um diese zu brechen. Wichtig ist dabei, daß ich keine Mimikry bin. Ich arbeite und suche mir Profis, aus all den Bereichen, die u.a. eine Zeitschrift mitausmachen und kreativ sind. Ich arbeite mit PhotographInnen aus dem Modebereich für das Cover, mit GrafikerInnen, mit StylistInnen, mit AutorInnen, TexterInnen, etc. Mit all diesen Personen stehe ich in Kommunikation für die jeweilige Produktion. D.h. es gibt mehrere meetings, Informations- und Ideenaustausch zu meinem vorgelegten Konzept und Anliegen. In diesem Moment der Kommunikation, kommt es zu dem entscheidenden Punkt, daß sich das 'Projekt' zu etwas entwickelt. Ihr Know-How fließt mit ihrem Interesse, das wir in inhaltlicher Auseinandersetzung artikulieren, mit ihnen als 'Charakter' ein. | |
Aus welchen Gründen geben Sie die Zeitschrift heraus? Mit welchem Ziel? Regina
Möller: Ich kann es nicht leiden, wenn man etwas in einen (goldenen)
'Käfig' setzt. Das Natürliche wird solange kultiviert bis es als 'natürlich'
verstanden wird. Eine Erleichterung von Stereotypisierungen. In diesem Sinne -
nicht nur mass-media, auch die Bildende Kunst trägt dazu bei. Den goldenen
Käfig kenne ich - als Frau und jetzt auch noch als Künstlerin - nur
zu gut, und es war ganz einfach an der Zeit aus ihm herauszutreten. Für mich
ist es wichtig, daß die Kunst oder meine Arbeiten ein breiteres Publikum
ansprechen kann, was aber nicht impliziert, daß man in die Schiene von mass
media geht. Es geht mir um einen Austausch, um Wechselbeziehungen, Informationen
zu artikulieren und sie zu verbreiten und das bedeutet ein weites Spektrum zu
reflektieren, sich damit auseinanderzusetzen und so zu erarbeiten, daß Informationen
und die kreative Arbeit auf verschiedenen Levels gelesen werden können. Dies
ist eine Auseinandersetzung ,die ich schon in der Vorproduktion von 'regina' z.B.
mit Personen aus verschiedenen kreativen Bereichen eingehe und mit ihnen das zu
artikulieren versuche. Es werden Maßstäbe und Größenverhältnisse
verschoben, ähnlich des Prinzips der 'Collage'. Wie
setzt sich der Inhalt zusammen? Setzten Sie einen Schwerpunkt? Wie läuft der Prozeß von der Planung bis zur Ausführung der Zeitschrift ab? Regina
Möller: Als erstes muß ich dazu sagen, daß die Produktion
keiner Zeitschriften-'Redaktion' gleicht. Ich - als Regina Möller - stehe
hinter dem gesamten Heft und Ablauf und bin sozusagen die Redaktion,, die alle
(Erzähl-)Fäden und Bürokratien zusammenhalten muß.. Sämtliche
Informationen, Texte, etc., aber auch Ausgaben, Kosten, etc. laufen bei mir zusammen
als Ansprechspartnerin. D.h. es gibt keine langen Sitzungen mit permanenten hierarchischen
Rücksprachen und Entscheidungen von Personen, die den gesamten Ablauf nur
aus einem entfernten Blickwinkel kennen und entscheiden. Sie
arbeiten als alleinige Herausgeberin ihrer Publikation. Was hat diese Entscheidung
motiviert? Können Sie bitte die Entwicklung vom ersten bis zum letzten Heft kurz beschreiben? Regina
Möller: Diese Frage kann ich so nicht beantworten. Da die Entwicklung
aus sich herauskommt. Dazu gehört auch ein feed-back, Resonanz. Ja, vielleicht
kann ich soviel dazu sagen, daß ich nach der Null-Nummer, obwohl es eine
reduzierte Auflage hatte (1000 Auflage) und ein limitiertes Leserinnen-Publikum,
ich soviel positive Resonanz bekam und mich entschied, ein weiteres Heft zu produzieren.
Das dritte Heft, was vielleicht auch interessant ist, entstand als mein Beitrag
als 'Künstlerin' für die internationale Gruppenausstellung 'artranspennine'98'.
'Artranspennine ist eine Partnerschaft/Organisation zwischen Tate Gallery Liverpool
und Henry Moore Scultpure Trust in Leeds. Ich wurde neben 50 internationalen Künstlerinnen
für die Ausstellung eingeladen und der Vorschlag kam von Iwona Blazwick (Gastkuratorin
für die Ausstellung), daß ich eine weitere HINTERGRUND Welche Auflage/Druckform hat die Zeitschrift und wie wird sie vertreiben? Regina
Möller: Ich fange mit ihrer Frage in Beantwortung von hinten an. Die
Zeitschrift hat in den ersten beiden Ausgaben eine Auflage von je 1000 und die
3te Nummer 2000. Das heißt sehr begrenzt, kleinen LeserInnenkreis. 'regina'
arbeitet von innen nach außen. Sie wird innerhalb des Kunstkontext produziert,
aber auch zum Teil an Kiosken distribuiert. Das Publikum in einer Kunstinstitution
wird genauso überrascht sein wie ein Publikum am Kiosk. Es ist sicherlich
keine wissenschaftliche Publikation in dem und dem Fachgebiet, aber es greift,
wissenschaftliche Texte von Autoren und Autorinnen, die in bestimmten Zielgruppen
nur gelesen oder wahrgenommen werden auf. Es ist eine Collage und eine eigene
Identität. 'regina', die kommuniziert, informiert und unterhält. Für
mich gibt es die Grenzen von Alter und damit verbundenen 'Wissen' nicht, wenn
es keine Kommunikation gibt. Ich arbeite mit Personen, die sind z.T. jünger
oder auch wesentlich älter als ich. Ich kommuniziere und bin neugierig für
sämtliche Altersgruppen. Ich beobachte z.B. gerne Teenager. Ich mag ihre
Rebellion und gleichzeitig, sehe ich mich selbst, wie ich meine Erfahrung in dieser
Rebellion nicht wiederfinden kann. Aber , sie setzen Zeichen und das werde ich
nicht aufgeben zu beobachten und mit ihnen auszutauschen. Wer macht die Gestaltung? Regina
Möller: Auch was die Gestaltung betrifft, beantwortet - s.o. Welche Infrastruktur steht Ihnen zur Verfügung (Büro/zu Hause...)? Regina
Möller: Für die Produktion und Realisierung von 'regina' hatte ich
soweit immer Wie sieht das feed back aus, das sie bekommen? Regina
Möller: Ich kann mittlerweile sagen: 'regina' ist eine Stimme geworden,
die sich nicht kopieren läßt und nicht kopiert werden kann. Wie finanzieren Sie ihre Zeitschrift? Gibt es dazu Finanzierungsmodelle im Sinne alternativer Ökonomien? Regina
Möller: Dafür kann ich kein Modell bieten, schon gar kein Rezept.
Es ist ein permanentes Thema, das man auch nicht umgehen und auslassen sollte.
Und die Kunst, muß sich dies noch eingestehen, daß sie auch in einem
'business' operiert.. Aber, ich verwehre mich gegen ein Rezept. Für mich
ist wichtig, daß es zum Thema kommt, aber nicht am 'Geld' scheitert. Wie werden die AutorInnen vergütet (durch Freiexemplare, Publizität?) Ist die Publikation auf Freundschaftsbasis bezüglich Finanzierung angewiesen? Regina
Möller: Ihre Frage ist sehr direkt und gleichzeitig 'offen'. Wie o. beschrieben,
ich muß den Budgetrahmen kennen und damit umgehen. Es ist wichtig für
mich - keine Kompromisse wegen Budgetprobleme einzugehen, sondern aus diesen bekannten
Grenzen dennoch Issues herauszuarbeiten, realisieren zu können. Mit sämtlichen
BeteiligtInnen, BeitragerInnen an den Ausgaben von 'regina' werden die 'Vergütungen'
von Anfang an besprochen und eingehalten. Regina Möller: DIY ist eine meiner aufgegriffenen Philosophien. Der Katzen-Baum ist z.B. nach einem knockdown Prinzip konstruiert worden, das ein erweitertes off-shoot von DIY ist. 'Film', 1993 war ebenfalls eine DIY Philosphie. Bewegen Sie sich in einer Zine-Gemeinschaft? Verorten Sie sich in der Subkultur? Regina
Möller: Wenn, dann bin ich eher 'a cultural terrorist'. Welche Rolle spielt für Sie das Internet? Verändert diese Art von Publikation ihre Publikationspraxis? Regina
Möller: Eine lange und interessante Geschichte. Das Internet, Website,
Cyberspace hat, abgesehen von schnellen Austauschmöglichkeiten, dennoch ein
Problem der Anwendung und Zugang. Ich plane gerade mit ProgrammierInnen eine www.
einzurichten., die 'easy' zu öffnen ist. Ich mag nichts weniger, als an der
www. zu hängen und dann endlich eine box anzuklicken und dann gibt es mir
keine connection, weil 'leer'. Herzlichen
Dank! Möller, Regina (Hg.): regina. Reproduktion, Stuttgart: Künstlerhaus Stuttgart, Oktober 1994. Dies.: regina, München: Kunstverein München, 1997. Dies.: regina, Manchester/Leeds/Liverpool: artranspennine (Partnerschaft zwischen Henry Moore Sculpture Trust und Tate Gallery Liverpool). 1998.
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